Am Mittwoch, dem 9. September 2020, fand die vierte offene Fachtagung der Deutschen Gesellschaft für Interprofessionelle Hilfsmittelversorgung (DGIHV) von 10 bis 13 Uhr statt. Rund 50 interessierte Fachleute wohnten der Fachtagung virtuell bei. Insbesondere die Impulsvorträge zur Registerforschung sorgten bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern für Gesprächsbedarf. „Die Fachtagung über Videoportal brachte die wesentlichen Akteure in de Hilfsmittelversorgung in beeindruckender Weise zusammen. Praktiker und Wissenschaftler stellen sich verstärkt der Herausforderung einer weiter verbesserten, qualitätsorientierten Hilfsmittelversorgung“ resümiert Prof. Dr. Wolfram Mittelmeier, Vorstandsvorsitzender der DGIHV, über die Online-Veranstaltung.
Auf dem Programm der Fachtagung standen Vorträge zu zwei Schwerpunktthemen, die zur intensiven Diskussion einluden. Zu der Frage „Register als Instrument der Leistungsfähigkeit von Dokumentation – von Hilfsmitteln – sinnvoll / realisierbar?“ referierten Dr. Jürgen Malzahn und Dr. med. Tanja Kostuj.
Den Auftakt der Veranstaltung gab Malzahn, Leiter der Abteilung Stationäre Versorgung, Rehabilitation, Geschäftsführungseinheit Versorgung des AOK-Bundesverbandes. Er näherte sich dieser Thematik in seinem Vortrag „Endoprothesenregister: Hürden in der Aufbauphase, Möglichkeiten und Grenzen“. Dort berichtete er über den erforderlichen hohen Aufwand der Entwicklung des umfassenden Medizinprodukt-Registers für Endoprothesen in Deutschland (EPRD). Diese Registererfahrungen sollen als Vorbild für weiterführende Qualitätsprüfungen an Hilfsmitteln dienen. Im Anschluss widmete sich Kostuj, Chefärztin des Orthopädisch-Traumatologischen Zentrums (OTZ) am St. Marien-Hospital Hamm, dem Problemfeld Aufwand und Nutzen eines Registers am Beispiel von Sprunggelenksendoprothesen.
Fachanwalt Nico Stephan, Geschäftsführer der Innung für Orthopädie-Technik in Sachsen und Thüringen, sprach zu der Thematik „Interdisziplinäre Spezialsprechstunden in der Hilfsmittelversorgung – sind sie noch rechtens und zeitgemäß?“. Er ging dabei auf aktuelle Herausforderungen wie Wahlfreiheit des Patienten, Antikorruptionsregelungen und klinikeigene Hilfsmittelanbieter ein. In der Diskussion wurde deutlich, wie wichtig die gemeinsame fachgerechte Arbeit am Patienten durch Mediziner und Orthopädietechniker für eine sichere hochwertige Versorgung ist. Unter Wahrung der Wahlfreiheit des Patienten und der Datenschutzregeln bleibt die interdisziplinäre Sprechstunde bei individuellen Hilfsmitteln unverzichtbar.
Im Anschluss stellten die verschiedenen Sektionen der DGIHV ihre Ergebnisse des letzten Jahres vor. Aktuell werden Behandlungspfade mit Hilfsmitteln unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Daten erarbeitet. „Ziel ist ein umfassendes digitales Nachschlagewerk für alle Beteiligten, d.h. für Techniker, Mediziner, Kostenträger und unseren Nachwuchs in allen Bereichen der Hilfsmittelversorgung“, so Mittelmeier.
Insbesondere in der Sektion Prothetische Versorgung konnte durch die Erarbeitung der Versorgungspfade bereits eine systematische Verbesserung der Hilfsmittelversorgung erzielt werden. Die Erkenntnisse gingen in das aktuelle Hilfsmittelverzeichnis ein und wurden von verschiedenen Krankenkassen bereits in den Alltag der Versorgung integriert. Die nächsten Versorgungspfade werden im Bereich Orthetik und Fuß & Schuh erwartet. Die Arbeitsgruppe Medical Device Regulation (MDR) konnte davon berichten, dass in enger Absprache mit den Verantwortlichen des Gesundheitsministeriums und gemeinsam mit Nachbarverbänden aus Europa wegweisende Umsetzungshilfen erarbeitet werden konnten.
Die Sektion Forschung wird noch in diesem Jahr mit einer öffentlichen Datenbank ans Netz gehen, in der international namhafte Forschungsinstitute ihre Studienprojekte darstellen können. Des Weiteren wurde der Projektstart einer Literaturdatenbank für klinische Studien vorgestellt. Hier sollen Hilfsmittel-Studien zur Wirksamkeit von Hilfsmitteln in ihrer Aussagefähigkeit kritisch bewertet und öffentlich verfügbar werden.